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Ungewollt schwanger - Hausarzt muss zahlen

Ein Paar, das aus vorangegangenen Ehen bereits Kinder in die Beziehung mitbrachte, wünschte sich keinen weiteren Nachwuchs – nicht zuletzt aus finanziellen Gründen. Die Frau wandte sich also an ihren Hausarzt, um sich ein empfängnisverhütendes Mittel verschreiben zu lassen. Dieser verschrieb ihr ein Hormonpflaster. Dabei handelte es sich allerdings nicht um ein Verhütungspflaster, sondern um ein Pflaster, das den weiblichen Hormonhaushalt während der Menopause regelt. Die Folge: Die Frau wurde

schwanger.

Sie verklagte ihren Hausarzt und forderte Euro 138.000,00 für den Unterhalt, die Erziehung und die Ausbildung des Kindes sowie Euro 60.000 Schmerzensgeld.

Wie das Gericht entschied:

Der Fall wurde unlängst vor dem Landesgericht von Mailand verhandelt. Dabei hat das Gericht offensichtlich die im italienischen Sprachgebrauch für den Hausarzt gebräuchliche Formulierung „medico di famiglia“ wörtlich genommen und den Mediziner in den Kreis jener Personen aufgenommen, die zum Unterhalt des Kindes beitragen müssen: Tatsächlich hat das Landesgericht den Antrag der Kläger im Wesentlichen angenommen (Urteil Nr. 16021 vom 10. März 2014). Es verurteilte den Hausarzt zur Zahlung eines Unterhaltsbeitrages von Euro 116.237,00. Die Summe bezieht sich auf den Zeitraum, bis das Kind das 20. Lebensjahr erreicht hat.

Der Arzt führte zu seiner Verteidigung zwar an, dass die Klägerin den Fehler auch nur bei einem oberflächlichen Durchlesen des Beipackzettels hätte erkennen können und verstehen müssen, dass es sich bei dem verschriebenen Pflaster nicht um ein empfängnisverhütendes Mittel gehandelt hat. Aber das Landesgericht Mailand war anderer Auffassung.

Die Klägerin hatte zwar einen höheren Unterhaltsbeitrag gefordert, weil sie von einer finanziellen Verpflichtung bis zum 23. Lebensjahr ausgegangen war. Das Gericht erachtete es aber vor allem angesichts der finanziellen Rahmenbedingungen der Familie für höchst unwahrscheinlich, dass das Kind je eine Universität besuchen wird – und legte deshalb die Begrenzung des Unterhaltsbeitrags auf 20 Jahre fest.

Den weiteren Antrag der Klägerin auf Schmerzensgeld hat das Gericht abgewiesen. Es begründete dies damit, dass die Familie nicht habe nachweisen können, dass sich das Paarleben aufgrund des weiteren Kindes verschlechtert hat. Durch die Geburt würde sich nur die finanzielle Situation der Familie verschärfen – und dem würde durch die Unterhaltszahlung des Arztes Rechnung getragen. Bei derart gelagerten Fällen kann man immer wieder feststellen, dass die italienischen Gerichte von einer vertraglichen Haftung seitens der Ärzte ausgehen. Eine Klageführung ist häufig erfolgreich.

  • Veröffentlicht: WIKU

WIKU = wöchentliche Beilage der Südtiroler Tageszeitung Dolomiten, auf Wirtschaftsfragen fokussiert.
Dolomiten = Südtiroler Tageszeitung Dolomiten der Verlagsanstalt Athesia.