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Tandemflug kommt teuer zu stehen

ZIVILGERICHT: Passagier beim Abheben schwer verletzt - Laut Urteil haftet Pilot allein für Sicherheit - 147.000 Euro Schadenersatz 

Bozen: 

Es sollte das besondere Highlight seines Südtirol-Aufenthaltes sein: Mit einem Gleitschirm frei wie ein Vogel wollte der Urlauber durch die Lüfte schweben. Doch dazu kam es nicht: Der Passagier wurde schon beim Abheben verletzt. Im Laufe des Zivilverfahrens wurde kein Beweis erbracht, dass der Urlauber den Anweisungen des Piloten zuwider gehandelt hätte: Somit muss letzterer bzw. die Versicherung allein für den Schaden haften. Und dieser ist beträchtlich. Der Passagier hatte etliche teils schwere Verletzungen erlitten, auch seinem längeren Arbeitsausfall trug Zivilrichter Morris Recla bei der Berechnung des Schadenersatzes in Gesamthöhe von 147.000 Euro (zuzüglich Prozesskosten) Rechnung.

Der Gleitschirmunfall hatte sich im Herbst 2014 im Schlerngebiet ereignet. Der Urlauber hatte einen Tandemflug gebucht. Laut Klageschrift sei er – wie vom Piloten angewiesen – die gesamte Anlaufstrecke gemeinsam mit diesem durchlaufen. Doch der Gleitschirm konnte an der Absprungkante nicht ausreichend an Höhe gewinnen, er stürzte während des Abhebens rund 40 Meter ab, Passagier und Pilot wurden mitgerissen.

Vors Zivilgericht zitiert, machte der Pilot geltend (und die Versicherung schloss sich ihm an), dass sich der Urlauber nicht an die von ihm erteilten Instruktionen gehalten habe. Zumindest eine Teilschuld an dem Unfall sei ihm deshalb anzulasten.

Rechtsanwalt Markus Wenter (Kanzlei Wenter & Marsico), der den Urlauber vertrat, stellte dies in Abrede. Einer Augenzeugin zufolge sei der Passagier – wie angewiesen – die ganze Strecke mitgelaufen. Weder habe er beim Anlauf zum Start plötzliche abgebremst, noch sich gar verfrüht in den Sitz fallen lassen. Die Verantwortung für die Sicherheit des Passagiers obliege dem Piloten.

Der Richter teilte diese Auffassung. Der Tandemflug im Gleitschirm sei vom CONI als Sportart anerkannt und durch das Dekret des Staatspräsidenten Nr. 133/2010 geregelt. Der Transport des Passagiers von A nach B sei dabei nicht maßgeblich – wohl aber die Mitarbeit des Passagiers gemäß den Anweisungen des Piloten. Und wenn sich der Passagier daran halte – wofür ihm gegenständlichen Fall kein Gegenbeweis erbracht worden sei – liege die Verantwortung einzig und allein beim Piloten. Er sei demnach verpflichtet, alles zu tun, um die Unversehrtheit des Passagiers zu garantieren, und das in allen Phasen des Fluges, heißt es in dem Urteil.

  • Veröffentlicht: DOLOMITEN

WIKU = wöchentliche Beilage der Südtiroler Tageszeitung Dolomiten, auf Wirtschaftsfragen fokussiert.
Dolomiten = Südtiroler Tageszeitung Dolomiten der Verlagsanstalt Athesia.