„Platz da!“ rufen ist nicht genug – Radfahrer muss Schadenersatz zahlen

ZIVILGERICHT: Zwar beide Radler an Unfall Schuld, aber einer zu 70 Prozent – 47.000 Euro Schadenersatz für Sturz–Zweiter Beteiligter zahlt 1000 Euro

BOZEN (rc). Der genaue Unfallhergang auf dem Radweg zwischen Neumarkt und Auer war zwar nicht mehr zu rekonstruieren. Trotzdem hatte das Gericht keinen Zweifel, dass jener Radler die Hauptschuld trage, der sich darauf beschränkt haben dürfte, "Platz da!" zu rufen. Er muss jetzt knapp 50.000 Euro locker machen.

Diese Summe setzt sich aus Schadenersatz an den anderen in den Unfall verwickelten Radler, dessen Krankenversicherung, dessen Arbeitgeber sowie den Anwaltskosten zusammen.

Der Unfall hatte sich im Juli 2008 zugetragen. Der bundesdeutsche Urlauber, der – vertreten durch die Rechtsanwaltskanzlei Wenter & Gabrieli – vor Gericht gezogen war, hatte sich einen Knöchel gebrochen; der einheimische Beklagte wurde im Gesicht verletzt. Wie der Urlauber angab, seien er und seine Bekannten in einer Reihe am rechten Wegesrand geradelt. Als der Beklagte ihn überholen wollte, hätten sichdie Räder verkeilt, und beide seien gestürzt.

Der Beklagte wiederum gab an, er habe laut "Platz da!" gerufen, als er sich den Radfahrern näherte, die zudem noch paarweise fuhren. Auch habe sich der Kläger genau im Moment, als er überholen wollte, Richtung Wegmitte bewegt.

Die Bekannten des Urlaubers bestätigten zwar, dass sie in Reih und Glied gefahren seien, wie es zum Sturz gekommensei, hatten sie aber nicht gesehen.

Somit kam das Gericht zum Schluss, dass beide Radfahrer den Unfall verschuldet hätten – der Beklagte allerdings zu 70 Prozent.

Da er sich von hinten auf die Gruppe zubewegt habe, habe er mehrMöglichkeiten gehabt, den Unfall zu verhindern – durch rechtzeitiges Bremsen oder durchs Verzichten auf das Überholmanöver. "Platz da!" zu rufen sei in so einer Situation jedenfalls zu wenig – auch weil in diesem spezifischen Fall die Urlauber der italienischen Sprache nicht mächtig waren und wohl den Zuruf gar nicht verstanden hätten. Der Beklagte hätte demnach mehr Um- und Vorsicht walten lassenmüssen.

Aber auch der Kläger muss in die Tasche greifen. Er wurde für 30 Prozent schuldig befunden und muss an den Beklagten knapp 1000 Euro zahlen.

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