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Fehldiagnose - Wer haftet?

Ein Mann fühlte sich eines Morgens unwohl und rief deshalb seinen Hausarzt. An. Er kontaktierte ihn mehrmals, bis der Arzt endlich am späten Nachmittag bei ihm Zuhause vorbeikam. Er verschrieb ihm Schmerzmittel gegen seine Beschwerden, hielt eine Einweisung in eine Klinik jedoch nicht für angebracht.

Ein fataler Fehler: Im Nachhinein stellte sich heraus, dass der Arzt eine Fehldiagnose gestellt hatte. Denn nachdem sich der Gesundheitszustand des Mannes weiter verschlechterte und er schließlich doch ins Krankenhaus eingeliefert wurde, stellen die Ärzte dort einen Schlaganfall fest. Der Mann blieb halbseitig gelähmt.

In der Folge verklagte der Patient seinen Hausarzt – aber auch den Sanitätsbetrieb.

Wie die Gerichte entschieden:

Tatsächlich stellte der Gerichtssachverständige fest, dass die teilweise Lähmung des Patienten höchstwahrscheinlich hätte vermieden werden können, wenn der Hausarzt den Patienten rechtzeitig ins Krankenhaus eingewiesen hätte. Das Gericht erster Instanz verurteilte daher den Arzt sowie den Sanitätsbetrieb zur Zahlung eines Schadenersatzbetrags von insgesamt Euro 70.000,00.

Im Berufungsverfahren wurde dann aber die Haftung des Sanitätsbetriebs ausgeschlossen und lediglich der Basisarzt dazu verpflichtet, die genannte Summe zu bezahlen. Die Begründung: Die Sanitätseinheit könne nicht für die vom Hausarzt verschuldeten Nachlässigkeiten zur Verantwortung gezogen werden, zumal ein Basisarzt nicht in die Krankenhausstruktur eingebunden sei.

Der Fall landete schließlich vor dem Kassationsgerichtshof, der kürzlich ein Urteil gefällt hat (Nr. 6243/15 vom 27.03.2015). Dieser kam zum Schluss, dass in solchen Fällen nicht nur der Basisarzt, sondern sehr wohl auch der Sanitätsbetrieb haftet.

Schließlich sind beide für die medizinische Grundversorgung der Bürger zuständig und haben eine entsprechende Konvention abgeschlossen. Denn das Höchstgericht war – anders als zuvor das Oberlandesgericht – der Auffassung, dass gemäß dem Gesetz, das allen Bürgern eine angemessene medizinische Grundversorgung gewährleistet (Nr. 833/1978), die Grundversorgung nicht nur stationär oder ambulant, sondern auch zu Hause zu gewährleisten ist.

Um diesen Dienst zu garantieren, bedienen sich die Sanitätsbetriebe der Mitarbeit von Ärzten, die in eigene Listen beim Sanitätsbetrieb eingetragen sind und von den Bürgern dann gewählt werden.

Die Sanitätsbetriebe bezahlen dann die Basisärzte aufgrund der Anzahl der Patienten und der erbrachten Leistungen. Aus diesem Grund ist nach Auffassung des Höchstgerichtes die Tätigkeit des Basisarztes als Bestandteil der Dienstleistungen des Sanitätsbetriebes zu betrachten. Wenn daher ein Basisarzt einen Patienten falsch oder zureichend behandelt, haftet neben dem Arzt auch der Sanitätsbetrieb für die Schäden.

Im Anlassfall hat somit das Höchstgericht das Urteil des Oberlandesgerichts aufgehoben und den zuständigen Sanitätsbetrieb samt Basisarzt insgesamt zur Zahlung eines Schadenersatzbetrages von Euro 70.000,00 verurteilt.

Dieses Urteil kann sich für Patienten als höchst vorteilhaft herausstellen: Denn würde bei derartigen Fehldiagnosen oder auch ärztlichen Kunstfehlern nur der Basisarzt haften und dieser hätte keine oder nur eine unzureichende Haftpflichtversicherungspolice, dann liefe der im Verfahren siegreiche Patient Gefahr, die zu seinen Gunsten ergangene Entscheidung gar nicht vollstrecken zu können.

  • Veröffentlicht: WIKU

WIKU = wöchentliche Beilage der Südtiroler Tageszeitung Dolomiten, auf Wirtschaftsfragen fokussiert.
Dolomiten = Südtiroler Tageszeitung Dolomiten der Verlagsanstalt Athesia.