Whats-App als Beweis für eheliche Untreue?
Der Fall:
Früher sind es oft noch Lippenstiftspuren am Hemdkragen, ein verräterischer Duft am Pullover oder zufällig gefundene Liebesbriefe gewesen, die die Gewissheit brachten: Der Partner geht fremd. Heute genügt hierfür oft ein Blick in dessen Computer oder Mobiltelefon, auch wenn so riskiert wird, eine Straftat nach Artikel 615-ter („Widerrechtlicher Zugriff auf ein informatisches System“) oder Artikel 616 Strafgesetzbuch („Verletzung des Briefgeheimnisses“) zu begehen. In einem Ehetrennungsverfahren in der Region Latium ist es unter anderem um die Frage gegangen, ob ein Chatverlauf aus WhatsApp vor Gericht überhaupt ein zulässiges Beweismittel darstellt.
Wie das Gericht entschied:
In dem Fall hat eine Frau am Landesgericht Velletri beantragt, dass ihrem Ehemann das Verschulden für das Scheitern der Ehe angelastet wird.
Als Beweis legte sie WhatsApp-Mitteilungen vor, die sie von ihm aber auch von seiner Geliebten erhalten hatte. Der Mann entgegnete, diese privaten Mitteilungen dürften für die Entscheidungsfindung gar nicht herangezogen werden.
Doch worum ging es in den Whatsapp-Nachrichten überhaupt?
Im Speziellen wurde eine Nachricht des Mannes an seine Ehefrau aus dem Jahr 2016 vorgelegt. Darin hatte er sich selbst als äußerst geschickt bezeichnet, weil es ihm gelungen war, die außereheliche Beziehung so lange vor ihr geheim zu halten. Ebenso in die Verfahrensakte Eingang gefunden hat eine Mitteilung der Geliebten an die Frau aus dem Jahr 2015. Darin gab Erstere bekannt, am 23. September 2015 das fünfjährige Jubiläum mit dem Mann gefeiert zu haben. In einer anderen WhatsApp-Nachricht ließ die Liebhaberin wissen, dass der Mann an dem Tag, an dem – immer im Jahr 2015 – sein drittes eheliches Kind geboren war, mit ihr im Bett gelegen sei.
Anlässlich ihrer Zeugenanhörung behauptete die Dame dann, diese Nachrichten nur im Zorn geschrieben zu haben und ihre Liebesbeziehung habe erst 2015 begonnen. Weil der Mann aber weiterhin auch mit seiner Ehefrau geschlafen habe, habe sie aus purer Verärgerung diese Falschnachrichten versandt.
Nachdem die Geliebte zum Zeitpunkt ihrer Zeugeneinvernahme, als sie die Bedeutung dieser WhatsApp-Mitteilungen relativieren wollte, noch immer mit dem betreffenden Mann zusammenlebte, wurden ihre Aussagen aber als wenig überzeugend eingestuft. Den Inhalt der Nachrichten hat das Gericht hingegen als glaubwürdig erachtet, zumal diese zu einer Zeit versandt worden waren, als die Situation noch nicht in einen Gerichtsstreit ausgeartet war.
Weiter ist der Mann im April 2016, als er sich faktisch von seiner Frau getrennt hat und das jüngste Kind gerade einmal 6 Monate alt war, schnurstracks in die Wohnung der Geliebten gezogen, was ebenso darauf schließen lässt, dass die außereheliche Beziehung schon längere Zeit angedauert haben musste.
Die Folge: Das Landesgericht Velletri hat kürzlich dem Mann im Sinne des Artikels 151 des Zivilgesetzbuches (ZGB) die Schuld für die Ehetrennung angelastet, weil dieser die eheliche Treuepflicht verletzt hatte (Urteil Nr. 664 vom 23. April 2020).
Vom psychologischen Standpunkt aus dürfte dieser Aspekt der Entscheidung für die Ehefrau erfreulich sein, doch ist der konkrete Nutzen überschaubar: Wird einem Partner gerichtlich die Schuld für das Ehe-Aus angelastet, so kann dieser für sich selbst keinen vollen Ehegattenunterhalt beanspruchen, auch wenn er weniger verdient oder gar arbeitslos ist. Wenn schon bestünde bloß ein Anspruch auf eingeschränkten Unterhalt gemäß den Artikeln 433 und folgende ZGB, wenn sich jemand in einer Notlage befindet und nicht selbst für den eigenen Unterhalt zu sorgen vermag.
Die zweite Auswirkung der Schuldanlastung: Man verliert bereits vor der Scheidung jegliche Erbansprüche bezüglich des Vermögens des getrennten Ehepartners. In der Regel hingegen würden sich Eheleute im Zeitraum zwischen Ehetrennung und -scheidung immer noch gegenseitig beerben.