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Schenkungswiderruf wegen Undanks

Der Fall:

Eine Frau hatte ihrem Sohn den Teil einer Immobilie geschenkt. Als sich die Beziehung zwischen den beiden später radikal verschlechterte, brachte die Mutter eine Klage auf Widerruf wegen Undanks im Sinne des Artikels 801 Zivilgesetzbuch (ZGB) ein.

Wie die Gerichte entschieden:

Die Klägerin führte aus, dass der Sprössling die betreffliche Immobilienhälfte zwar selbst auf eigenen Namen gekauft hatte. Das Geld für den Kauf stammte aber von der Mutter, die es zuvor von ihrem Bankkonto behoben hatte. In erster Linie stellte sie also den Antrag, dass das Bestehen einer indirekten Schenkung festgestellt werde. Zum zweiten wurde dargelegt, dass das Verhalten des Sohnes in den Jahren nach der Schenkung als grob beleidigend für die Mutter zu werten sei. Das unentgeltliche Rechtsgeschäft sei also zu widerrufen.

Im Instanzenzug wurde der Standpunkt der Frau von allen Gerichten geteilt, zuletzt vom Kassationsgerichtshof mit Beschluss Nr. 13544 vom 29. April 2022.

Das Vorliegen einer indirekten Schenkung wurde zweifelsfrei festgestellt. Interessanter sind aber die Umstände, aus denen die Richter einen Undank des Sohnes abgeleitet haben.

Mehrmals hatte dieser in der gemeinsamen Firma sowie in der Wohnung der Mutter vorsätzlich Sachen beschädigt, woraufhin mehrere Strafanträge eingebracht wurden. Für einen Vorfall wurde der Sohn sogar strafrechtlich verurteilt. Die Protokolle über die Zeugenaussagen jenes Strafverfahrens sind im Zivilverfahren vorgelegt worden.

Der Beklagte spielte die Vorfälle herunter und argumentierte, es habe sich um einigermaßen gewöhnliche Meinungsverschiedenheiten zwischen Familienmitgliedern gehandelt. Solche könnten umso mehr vorkommen, wenn man sogar gemeinsam einen Betrieb führt. Für die Richter aber ergab sich ein Bild, in dem der Beschenkte über einen langen Zeitraum und immer wieder seine tiefe Abneigung gegen die Schenkerin zum Ausdruck gebracht hatte, auch außenstehenden Dritten gegenüber. Besonders negativ für den Sohn wurde freilich die strafrechtliche Verurteilung gewürdigt. Dieses abschätzige Verhalten war relevant im Sinne des Art. 801 ZGB, da der Beklagte jene Dankbarkeit vermissen ließ, die sich die Schenkerin nach allgemeinem Empfinden erwarten konnte. Die Schenkung wurde also wegen Undanks widerrufen und der Sohn muss der Mutter die Kosten aller 3 Verfahrensinstanzen ersetzen.

Noch ganz allgemein: Ein Schenkungswiderruf ist nicht nur wegen Undanks, sondern auch wegen Hinzukommens von Kinder möglich. Schenkungen, die von jemand vorgenommen wurden, der zum Zeitpunkt der Schenkung keine Kinder oder Nachkommen hatte oder dem nicht bekannt war, solche zu haben, können wegen des Hinzukommens oder wegen des Vorhandenseins eines Kindes oder Nachkommen des Schenkers widerrufen werden.

Nur Schenkungen, die zur Belohnung oder im Hinblick auf eine bestimmte Ehe vorgenommen worden sind, können weder wegen Undanks noch wegen Hinzukommens von Kindern widerrufen werden.

  • Veröffentlicht: WIKU

WIKU = wöchentliche Beilage der Südtiroler Tageszeitung Dolomiten, auf Wirtschaftsfragen fokussiert.
Dolomiten = Südtiroler Tageszeitung Dolomiten der Verlagsanstalt Athesia.